ARTEFUCKTS_Alternative Fakten und stichhaltige Gerüchte kultureller Nachweise

ARTEFUCKTS

Alternative Fakten und stichhaltige Gerüchte kultureller Nachweise

Erfunden? Gefunden? Narrative und Geschichten als letzte Lockerung, Ausgangspunkt und Verortung experimenteller Arbeiten und neuer Ideen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Werk-Idee zur Geschichte oder die Geschichte zur Werk-Idee führt. Im Zentrum steht vielmehr die Freiheit eines selbst geschaffenen Kontextes, in dem folglich nichts „falsch“ sondern immer nur richtig sein kann, und der dabei jene höchstmöglich befreite und schöpferische Atmosphäre schafft, aus der ebenso frei künstlerische wie experimentelle Ergebnisse und Werke hervorgehen können.

Geschichten zu erfinden und zu erzählen ist so alt wie die Menschheit selbst. Geschichten schaffen Erklärungsmuster hinsichtlich der Welt, uns selbst und darüber hinaus. Geschichten tradieren Erfahrungen, Erkenntnisse und geben kulturelle Identifikation. Geschichten können uns komplexe Inhalte in all ihrer Ambivalenz erlebbar machen und als Spiegel dazu beitragen, uns selbst zu begreifen.

Als Schöpfung unserer Phantasie, die über uns hinausgehen und uns an imaginäre (Sehnsuchts-) Orte und Schauplätze bringen, vermögen uns Geschichten zudem von uns selbst zu entführen und uns davon zu enthemmen, immer in den gewohnten Bahnen zu denken – auf diese Weise bringen sie uns auf neue Ideen, erschließen uns spielerisch neue Zugänge auf unser kreatives und schöpferisches Potential und helfen uns, über liebgewonnene Materialien und Techniken hinauszudenken.

Und genau darum ging es in der Lehrveranstaltung „Erschließung experimenteller Felder“.

Entsprechend dieser Vorgabe und der Entwicklung individueller narrativer Rahmenbedingungen zu Beginn, repräsentieren die Ergebnisse schließlich also „Artefakte fiktiver Kulturen, Lebensformen, Rituale, methodischer Zugänge und Geschichten“.

Artefakte, die sich über ihrer Funktion als „Lockerung“ hinaus, aber auch als hochaktuelle Kritik jenen „alternativen Fakten“, „stichhaltigen Gerüchten,“ und „fake news“  gegenüber präsentieren, die die Welt heute an den Rand rationeller Argumente bringen.

Darüber hinaus ist die Ausstellung als „Sammlung“ von Artefakten und ihren Narrativen als kritisches postkoloniales Zitat jenen „Wunderkammern“, Kuriositätenkabinetten“ und „anthropologischen Zur-Schau-Stellungen“ gegenüber zu lesen, wie wir sie seit der Frühphase der Museumsgeschichte kennen und die zum Teil bis heute existieren.

Insofern will auch unsere „Wunderkammer“ zum Schauen, Lachen, und Staunen anregen – als „punkige“ Wunderkammer aber eben auch zum kritischen Nachdenken.

Artefuckts eben.

Daniel Zaman

Künstlerinnen:

Ayse Brunner_Esther Deyerl_Katharina Grafinger_Natalie Hutterer_Verena Jung_Gisela Klammsteiner_Josepha Krüger_Elisabeth Maurer_Vera Rupp_Emese Takács_Lydia Waldhör

Die Arbeiten sind in der Lehrveranstaltung „Erschließung experimenteller Felder“ bei Daniel Zaman im WS 2018/19, Abteilung textil·kunst·design, entstanden.

Die Ausstellung wurde kuratiert und organisiert von Daniel Zaman und Christiane Reiter-Zaman

HANDOUT_Ausstellung

Ayse Brunner 
2019, Aquarell auf Wellpappe, Holzleisten, 130 x 102 cm; Stativ

Esther Deyerl: Sonderlinge 2019, Pömpel, Feinbeton, Sprühfarbe, Beize, Spachtelmasse, Metall, Silikon, Kandiszucker, Feinpapier, Lack, Reißnagel, Metallfolie, Anlegemilch

Katharina Grafinger: memoria spongiae exornatus, 2019, Videoinstallation
Natalie Hutterer_Mogsnypolium speciosum N.H., 2019, Objekte aus Papier, Farbe, Stoff und Wachs, 2 Schaukästen

Verena Jung_ART ificial, 2019, Onlinegenerator, Computerausdrucke übertragen auf Malplatten, 20 x 20 cm; computergenerierte Gedichte, Wechselrahmen

Gisela Klammsteiner_Adidas High Air 3000 – Skisprungfanschuh, 2019, Installation; Sportboxschuh von Adidas für Damen, Gr. 38 aus Kunstleder, Absatz: Höhe 11,5 cm aus Vollholz (Eiche) unlackiert, Klebeband, IPad, Video, Ventilator

Josepha Krüger_Radianer, 2019, Installation; Profiling Collage aus Fotografien, Zeitungsausschnitten und Textfragmenten auf Wachspapier, 220 x 150 cm; Bürotisch, Sessel, Bürozubehör

Elisabeth Maurer_Es wird in einem Land nach unserer Zeit…, 2019, gebundenes Buch aus indigogefärbtem Papier, A4, Schaukasten

Vera Rupp_Fundstück Nr. 23/4, 2019, Keramik und Kunststoff/Polypropylen, 20 x 15 cm, Fotoboxen 35 x 35 x 23 cm

Emese Takács_Ohne Augen, 2019, Aquarell und Tinte auf Papier, max. Außenmaße 80 x 65 cm

Lydia Waldhör_Alleine ist der Mensch nichts, schon gar nicht Vier, 2019, bedruckte Overheadfolien, Holzeinrahmung, 42 x 42 cm

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